Grünraum wirkt vitalisierend

Sie teilen ihre Leidenschaft für schön gestaltete Aussenräume, die auf vielseitige Weise genutzt werden können: Christoph Müller, Präsident des Ver­waltungsrates der Alfred Müller AG, und Landschaftsarchitekt Karl-Andreas Appert über Herausforderungen während der Planung und den Beweis gelungener Freiräume.

Welche verschiedenen Bedürfnisse der Bewohner gilt es bei der Konzeption von Aussenräumen zu befriedigen?

Christoph Müller: Grundsätzlich sind wir bestrebt, Aussenflächen möglichst multifunk­tional zu gestalten. Das heisst, wir schneiden sie auf die Hauptnutzer einer Liegenschaft in allen Altersgruppen zu. Kinder beispielsweise benötigen ein Spiel- und Bewegungs­angebot, Senioren hingegen ist es ein An­liegen, dass sie draussen spazieren und sitzen können.

Karl-Andreas Appert: Jugendliche wiederum bevorzugen Rückzugsmöglichkeiten, Räume, in welchen sie sich nicht direkt beobachtet fühlen. Erwachsene mit Kindern schätzen die Begegnung mit anderen Eltern und deren Nachwuchs. Wichtig ist es, Aufenthaltsbereiche und Zonen mit unterschiedlichen Atmosphären sowie Nutzungsintensitäten zu schaffen und diese wiederum in einem robusten Gesamtkonzept miteinander zu verbinden.

Es klingt anspruchsvoll, alle Anforderungen unter einen Hut zu bringen.

Karl-Andreas Appert: Ja, das stimmt, zumal die Vielfältigkeit heutiger Planungsaufgaben nicht mit den Bedürfnissen der einzelnen Nutzergruppen endet. Der Klimawandel und dessen Auswirkungen zum Beispiel stellen uns Planer vor allem in urbanen Gebieten vor ganz neue Aufgaben. Wir müssen langfristig und ganzheitlich denken, um Themen wie längeren und heisseren Trocken­perioden, aber auch zunehmenden Stark­regenereignissen begegnen zu können.

Christoph Müller: Hierbei spielt auch die gezielte Auswahl von Pflanzen, die mit den sich verändernden klimatischen Verhältnissen zurechtkommen, eine grosse Rolle. Eine wei­tere Knacknuss stellen in meinen Augen die vielschichtigen technischen Anforderungen dar, welche in die Gestaltung der Freiräume integriert werden müssen. Darunter fallen beispielsweise Feuerwehrzufahrten oder die Möglichkeiten zur Abfallentsorgung.

Gestaltung ist ein gutes Stichwort. Zur Alfred Müller AG gehört ein eigenes Gartenbauunternehmen. Inwiefern erleichtert dies die Planung und Realisa­tion von Aussenflächen?

Christoph Müller: Es ist ein grosser Vorteil, diese Kompetenz im eigenen Haus zu haben. Bei allen eigenen Bauprojekten ist der Leiter des Gartenbaus in die Umgebungsplanung involviert. Dank seinem enormen Wissen, das er sich in rund 30 Jahren im Unternehmen angeeignet hat, können wir die Effizienz steigern und die Fehleranfälligkeit während der Realisation reduzieren. Er weiss genau, welche Ideen realisierbar sind und welche nicht.

Karl-Andreas Appert: Nicht nur das. Er beschäftigt sich bereits in dieser frühen Phase auch mit essenziellen Fragen rund um die Themen Pflege und Unterhalt. Dadurch wird sichergestellt, dass die von uns entworfene Anlage sich langfristig entwickeln kann.

«Wussten Sie, dass Baumpflanz­ungen die Temperatur in ihrer Umgebung um bis zu 7 Grad Celsius senken können?»

Karl-Andreas Appert, Landschaftsarchitekt

Wie unterscheiden sich Aussenflächen von Wohn- und Geschäfts­häusern?

Christoph Müller: In einer Wohnüberbauung achten wir darauf, die Umgebung so zu gestalten, dass der soziale Austausch gefördert wird. Bei Geschäftshäusern hingegen steht der Firmenauftritt im Vordergrund. Wichtig, neben vielen anderen Aspekten, ist der repräsentative Charakter der Aussen­anlage.

Karl-Andreas Appert: Dem kann ich nur beipflichten. Der Aussenbereich von Geschäftsliegenschaften ist die Visitenkarte. Idealerweise trägt sie den Charakter der Firmenkultur aus den Büroräumen nach aussen und macht diesen für die Passanten sichtbar. Selbstverständlich spielen auch die Nutzer eine integrale Rolle. Die Mittagspause an der frischen Luft oder kurze Projektmeetings im Freien werden immer wichtiger. Natür­lich beschattete Aufenthaltsbereiche sind daher essenziell. Wussten Sie, dass Baumpflan­z­ungen die Temperatur in ihrer Umgebung um bis zu 7 Grad Celsius senken können?

Als Landschafts­architekt muss Karl-Andreas Appert langfristig und ganzheitlich planen, um gegen die Herausforderungen des Klimawandels im urbanen Raum gewappnet zu sein.
Foto: Selina Meier

Ein erstaunlicher Wert. Dann ist der Stellenwert von Aussenräumen und Grün­flächen bei der Planung eines Wohn- oder Geschäftshauses höher, als man vermuten könnte?

Karl-Andreas Appert: Ja, er ist sehr gross, mindestens so gross wie jener des Objekts. Nutzbare, gut gestaltete Aussenräume sorgen für Wohlbefinden und Stressabbau. Der Aufenthalt an der frischen Luft, mit all den atmosphärischen Eindrücken wie Sonnenlicht oder Blätterrauschen wirkt erwiesenermassen gesundheitsfördernd und trägt massgeblich zu einem guten Arbeitsklima bei.

Christoph Müller: Das kann ich bestätigen. Natürliche sowie gepflegte Umgebungen sind mir ein grosses Anliegen. In und um unsere Liegenschaften sollen sich die Menschen wohlfühlen. Unabhängig davon, ob sie Mieter oder Eigentümer sind, dort wohnen oder arbeiten.

Welche Projekte im Aussenbereich finden Sie besonders gelungen?

Christoph Müller: Mir persönlich gefällt der Feldpark in der Stadt Zug sehr gut. Er besticht einerseits durch den hochwertigen Wegbelag aus wildem Guberstein, andererseits prägen die Bäume und die stilvollen Holzsitzbänke den vielfältigen Aussenbereich. Die Bewohner schätzen diese Atmosphäre sehr.

Karl-Andreas Appert: Das ist bei mir das Geschäftshaus Helix in Cham. Der von allen Seiten zugängliche Innenhof schafft eine grosse Offenheit und wirkt einladend. Die grosse, runde Pflanzinsel mit der umfangreichen Bepflanzung und den hochgewachsenen, mehrstämmigen Gleditschien schafft einen attraktiven Begegnungsort mit schattigen Sitzmöglichkeiten.

«Natürliche sowie gepflegte Umgebungen sind mir ein grosses Anliegen.»

Christoph Müller, Präsident des Verwaltungsrates

Was machen in Ihren Augen ansprechende Aussenräume aus?

Karl-Andreas Appert: Mich faszinieren grosse, etablierte Parkanlagen mit langer Geschichte und einem alten, malerischen Baumbestand wie im Uferpark Villette in Cham. Weiter ist für mich eine gelungene Integration in die bestehende Landschaft massgebend für eine ansprechende und funktionierende Gestaltung. Dies ist beispielsweise bei der Wohnüberbauung Winzrüti in Allenwinden der Fall. Der angren­zende Wald wird in der Freiraumgestaltung als Thema aufgenommen. Es entsteht ein fliessender Übergang.

Christoph Müller: Für mich sind zwei Punkte zentral: Eine gelungene Gestaltung schafft erstens einen robusten Rahmen für eine vielseitige Nutzung durch die künftigen Bewohner. Zweitens schaffen es ein guter Unterhalt und dessen Planung, die nachhal­tige Entwicklung der Flächen in Zukunft sicherzustellen.

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