Drei Jobs, eine Wohnung, alles in einem Haus

Caroline und Michael Ventura haben den wohl kürzesten Arbeitsweg der Welt. In einem Backsteingebäude aus dem 19. Jahrhundert vereint das Paar Privat- und Berufsleben. Im New Yorker West Village befinden sich ihre Wohnung, Michaels Kreativagentur Sub Rosa, Carolines Schmuckdesign-Studio BRVTVS, die Galerie And&And sowie das Herzstück, ihr gemeinsamer Concept Store Calliope. Die hellen Räume im Haus zeichnen sich alle durch freigelegte Backsteinwände und Mid-Century Möbel, bunte Teppiche und einen Hauch Vintage aus. Trotzdem trägt jeder Bereich seine ganz eigene Note.

Zu Beginn: Können Sie sich kurz vorstellen? Wer sind Sie und wie haben Sie sich kennengelernt?

Michael: Hi! Wir sind Michael und Caroline Ventura, und getroffen haben wir uns vor 11 Jahren in Los Angeles. Caroline hat dort eine Modeproduktionsfirma geleitet, ich hatte mein Designstudio Sub Rosa in New York. Wir haben uns das erste Mal bei einem Fotoshooting getroffen und sofort gut verstanden. Ich bin am nächsten Tag zurück nach New York, aber in den folgenden sechs Wochen entwickelte sich übers Telefon eine Fernbeziehung. Am Ende dieser Zeit haben wir uns zum ersten Mal bei der Gepäckausgabe am Flughafen geküsst – und seitdem sind wir unzertrennlich!

Und jetzt wohnen und arbeitet Sie zusammen im gleichen Gebäude. Wann hatten Sie zum ersten Mal die Idee, so zu leben?

Caroline: Wir arbeiten im Prinzip zusammen, seit wir uns damals kennengelernt haben. Es machte also einfach Sinn, ein gemeinsames Business zu starten. Vor ungefähr fünf Jahren begannen wir uns dann nach einem Ort umzusehen, an dem wir Arbeit und Wohnen unter demselben Dach vereinen könnten. Punkto Immobilien ist das für New Yorker quasi der Heilige Gral. Aber es ist ziemlich schwierig, so etwas zu finden.

Wie haben Sie das Gebäude dann entdeckt und aus welchen Gründen haben Sie sich dafür entschieden?

Michael: Es hat drei Jahre gedauert, bis wir auf ein passendes Objekt in einer schönen Nachbarschaft gestossen sind, das wir uns leisten konnten. Ursprünglich wollten wir ein ganz anderes Gebäude, das wir nicht bekamen. Bei einem Spaziergang kamen wir dann zufällig an dem Haus vorbei, das nun uns gehört. Wir haben uns in den Charme des Gebäudes verliebt, der unter den Schichten aus Schimmel und Asbest verborgen lag. Wir wussten, wir könnten diesen Ort in etwas wirklich Schönes verwandeln und ein Zuhause daraus machen. Also unterschrieben wir den Mietvertrag für das gesamte Haus und zogen als Bewohner, Geschäftsinhaber und Shopbesitzer ein.

Können Sie uns einen kleinen Einblick in Ihr Haus geben?

Caroline: Unser Haus ist ein altes Fabrikgebäude im West Village. Im Erdgeschoss befinden sich unser Einrichtungsshop Calliope und unsere Galerie And&And. In der ersten Etage ist Michaels Designstudio, im zweiten Stock unser Apartment.

Welche Teile des Gebäudes haben Sie verändert und warum? Und welche Elemente haben Sie so beibehalten, wie Sie sie gefunden haben?

Caroline: Wir mussten das gesamte Gebäude ausschlachten, das war ein Riesenchaos. Gemeinsam mit unserem Vermieter haben wir zwei Jahre lang renoviert, aber in unserem Apartment war am meisten zu tun. Wir wollten so viel wie möglich von der Geschichte des Hauses erhalten, aber das war nicht zu 100 Prozent möglich. Alle Böden sind original, genauso wie die Balken und Pfeiler. Ansonsten haben wir mit Materialien gearbeitet, die das altertümliche Feeling des Gebäudes rüberbringen: Holz, Eisen, antike Fliesen.

Welche Herausforderungen, die Sie vorher so nicht erwartet hatten, kamen während der Bauphase auf?

Michael: Wir mussten Entwürfe und Ansichtszeichnungen sorgfältig lesen lernen. Und wir bemerkten relativ schnell, dass es viele kleine Details gibt, die einen grossen Unterschied machen – die Menge der Steckdosen an einer Wand, die Wahl der richtigen Wandfarbe. Caroline sagt immer: Die grösste Lektion, die wir gelernt haben, war, keinen weissen Putz im Badezimmer zu benutzen. Der wird schnell dreckig.

In Ihrem Apartment und dem Rest des Hauses wirkt alles so, als sei es genau am richtigen Fleck. Wie sind Sie an die Einrichtung der Räume herangegangen?

Caroline: Wenn man umzieht, bekommt man immer die grossartige Chance, alles zu verbessern. Wir sind aus einer viel kleineren Wohnung in unser Haus gezogen und hatten plötzlich so viel Platz, den wir füllen mussten. Wir wollten uns mit dem Einrichten Zeit lassen, anstatt einfach die ganzen Möbel auf einmal zu kaufen. Jetzt versuche ich, jedes Jahr ein bisschen Ordnung in das Gerümpel zu bringen – ich verabschiede mich von Dingen, die ich nicht brauche oder nicht mehr benutze.

Wie würden Sie Ihren Einrichtungsstil beschreiben?

Caroline: Wir mögen es, wenn unsere Räume offen, aber trotzdem gemütlich sind. In unserem Haus haben wir einen Mix aus Mid-Century-Gegenständen, ein paar antiken Teile und ganz vielen Dingen, die wir von unseren Reisen mitgebracht haben. Ich glaube nicht, dass wir einen speziellen Einrichtungsstil haben. Wir kaufen einfach die Sachen, die wir wirklich mögen und schauen dann, wie wir sie mit unserem bereits vorhandenen Mobiliar kombinieren können.

Wie haben Sie Ihren Laden, Ihre Arbeitsräume und Ihre Wohnfläche bewusst voneinander abgegrenzt?

Michael: Jeder Bereich steht für sich allein. Verschiedene Etagen, verschiedene Eingänge. Es war uns wichtig, dass jeder Raum für sich allein funktioniert – sie sind wie Geschwister, mit vielen Elementen, die sich durch das gesamte Gebäude ziehen und die verschiedenen Teile verbinden. Die Fliesen in den Badezimmern sind ähnlich und im gesamten Haus finden sich Eisenelemente. Wir wollten sichergehen, dass jeder Bereich ein Teil des grossen Ganzen bleibt, indem wir mit den gleichen Materialien und Farbpaletten gearbeitet haben, nur in verschiedenen Variationen.

Wo im Haus verbringen Sie am meisten Zeit?

Michael: Wir kuscheln wir uns gern mit unserem Hund auf die Couch. Es ist für jeden von uns genug Platz auf dem Sofa, sodass wir alle zusammen einen Film schauen oder ein Nickerchen machen können.

Sie leben und arbeiten zusammen. Welche Vor-, aber Nachteile bringt das mit sich?

Caroline: Glücklicherweise sind unsere Arbeitsräume voneinander getrennt. Michael ist im ersten Stock, ich normalerweise im Erdgeschoss. Da wir eine gemeinsame Firma besitzen, ist es praktisch, im selben Gebäude zu arbeiten. So kann man mal ein schnelles Meeting dazwischenschieben. Es war uns allerdings auch wichtig, dass wir die Jobs und unser Privatleben getrennt halten und keine Arbeit mit nach Hause bringen. Das ist aber nicht immer einfach, und wir arbeiten noch daran.

Wie bringen Sie all diese Projekte unter einen Hut?

Michael: Wir achten sehr darauf, welcher Bereich gerade unsere Aufmerksamkeit braucht. In einer hektischen Phase müssen wir zum Beispiel mehr vor Ort im Laden sein. Manchmal ist es andersrum, und wir müssen uns mehr um unsere anderen zwei Firmen kümmern. Deshalb haben wir wöchentliche Meetings für Dinge, die regelmässig anfallen. So tauschen wir uns zumindest kurz darüber aus, woran genau wir gerade arbeiten.

Der Concept Store ist das Herzstück Ihres Hauses. Wodurch unterscheidet sich Calliope von anderen Läden?

Caroline: So viele Shops fühlen sich total steril an, wenn man sie betritt. Wir wollen einen Ort bieten, der warm und einladend ist. Wir haben versucht, eine Umgebung zu schaffen, in der man Zeit verbringen will, übers Einkaufen hinaus. Normalerweise ist der Hund im Laden und schläft auf der Couch.

Welches Feedback bekommen Sie von Ihren Kunden?

Michael: Ich denke, sie wissen zu schätzen, dass wir wirklich wissen wollen, wonach sie suchen. Heutzutage will jeder, dass es beim Einkaufen um mehr als nur das Produkt geht. Wir nehmen uns die Zeit, nach Dingen zu suchen, die möglicherweise schwer zu finden sind.

Danke Caroline und Michael Ventura, dass Sie uns Ihr Haus mit all seinen Facetten gezeigt haben.