Schweizer Bräuche

Die Schweiz ist ein Land der Traditionen. Allein die Liste der «Lebendigen Traditionen Schweiz» zählt 199 Bräuche. Manche davon sind reizend, andere amüsant – und gewisse sind fast brutal. Allen gemein ist eine lange Geschichte und dass sie bis heute gelebt werden. Acht dieser Bräuche stellen wir vor.

Chlefele

Die Spanier haben die Kastagnetten, die Schwyzer die Chlefeli. Dabei handelt es sich um kleine Holzplättchen mit einer Einkerbung auf einer Seite. Und wie die Kastagnetten auch werden die Chlefeli zum rhythmischen Musizieren gebraucht. Um die Chlefeli zum Tönen zu bringen, klemmt man sie zu zweien oder dreien zwischen die Finger einer Hand und bewegt sie schwungvoll. Zu hören sind sie hauptsächlich zur Fastenzeit. Den Ursprung des Chlefele vermutet man übrigens bei den Siechen­klappern. Im Mittelalter mussten sich Aussätzige und Kranke mit einer Holzklapper ankündigen, damit die Gesunden Abstand halten konnten.

Chalandamarz

Den Brauch kennen wohl viele von der Schellen-Ursli-Geschichte. Mit Chalandamarz wird im Bündnerland jeweils der Auszug des Winters gefeiert. Der Ausdruck bezeichnet auf Rätoromanisch den Beginn des Monats März. An diesem Tag ziehen Schulkinder mit Glocken und Peitschen um die Brunnen im Dorf und von Haus zu Haus. Dabei singen sie Chalandamarz-Lieder. Durch ihr lautes Treiben soll der Winter fortgejagt werden.

Alpabzug

Der Alpabzug ist eines der bekanntesten traditionellen Älplerfeste. Nachdem sie den Sommer auf satten Alpwiesen verbracht haben, kehren im Spätsommer Kühe, Schafe und Ziegen wieder hinunter ins Tal. Diese Rückkehr wird gefeiert. Für den Alpabzug werden die Tiere mit Blumenkränzen und Glocken geschmückt. Auch die Hirten kleiden sich festlich. Sie führen die Tiere durchs Dorf und schliesslich ins Winterquartier. Die Alpabzüge bilden den Abschluss eines arbeitsreichen Sommers auf der Alp und bringen den Hirten Wertschätzung für ihre Arbeit entgegen.

Blumenumzug

Jeweils am letzten Septemberwochenende feiern die Neuenburger ein pompöses Winzerfest. An diesen Tagen wird das ganze Stadtzentrum zur Festmeile. Über das Wochenende verteilt finden zudem drei Umzüge statt. Neben dem Kinderumzug und einer Parade der Guggenmusiken bildet der Blumenzug am Sonntag­nachmittag den Höhepunkt des Fests. Bis zu 20 Umzugswagen, die unter einem bestimmten Motto stehen, fahren durch die Stadt. Sie sind mit Zehntausenden bunter Blumen geschmückt.

Gansabhauet

Am Martinstag, dem 11. November, geht es Gänsen in Sursee an den Kragen. Bei der Gansabhauet versuchen junge Männer und Frauen mit verbundenen Augen und einer goldigen Sonnenmaske auf dem Gesicht, einer aufgehängten toten Gans mit einem stumpfen Dragonersäbel den Hals zu durchtrennen. Dazu sind zwischen 5 und 20 Hiebe nötig. Das Spektakel findet auf der Bühne vor dem Rathaus statt. Die Ursprünge des Brauchs sind bis heute nicht klar, sie liegen aber vermutlich im Spätmittelalter.

Nünichlingler

Sie haben etwas «Gfürchiges», die Männer, die sich jeweils für den geheimnisvollen Lärmbrauch an Heiligabend in Ziefen im Kanton Basel-Landschaft versammeln. Sie tragen lange Mäntel, und um ihren Hals hängen Glocken. Mit dem letzten Neunuhrschlag setzt sich der Zug in Bewegung. Angeführt wird die Truppe vom Bäsemaa. Als Einziger trägt er einen weissen Bart und führt eine lange Stange mit sich, an der ein russgeschwärzter Lappen hängt. Damit verpasst er Neugierigen einen Russfleck. Die anderen tragen bis zu 4 Meter hohe Zylinder. Der Umzug durchs Dorf dauert rund 45 Minuten, dabei wird nicht gesprochen. Einzig die Glocken läuten im Takt der Schritte.

Unspunnenfest

Heute ist es das wohl grösste Treffen der Traditionen: Schwinger, Älpler und Trachtenleute finden sich in Interlaken zum Folkloreanlass der Superlative ein. Seinen Anfang nahm das Unspunnenfest 1805 als Fest der Versöhnung der Stadt- und der Landbevölkerung. Als man 1905 an die Organisation der dritten Auflage ging, war die Absicht touristisch, da der Tourismus gerade sein 100-Jahr-Jubiläum feierte. Seit 1946 findet das Fest im Rhythmus von ungefähr zwölf Jahren statt. Die letzte Ausgabe gab es 2017.

Chrööpfelimee

Jeweils am Sonntag nach dem Aschermittwoch ist in der Zuger Innenstadt viel Gesang zu hören. Der Grund ist das Chrööpfelimee. Dabei ziehen Sängergruppen durch die Stadt, um verlobten oder frisch verheirateten Paaren ein Ständchen zu bringen. Als Dank erhalten sie einen Korb mit Krapfen – Chrööpfeli – und Wein. Dieser wird aus der Stube oder vom Balkon an einem Seil heruntergelassen. Das Chrööpfelimee ist über 250 Jahre alt und geht darauf zurück, dass sich junge Männer und Frauen früher häufig in der Fasnachtszeit beim Tanzen kennenlernten. Funkte es, besuchte der künftige Schwiegersohn das Elternhaus des Mädchens jeweils am Sonntag nach dem Ascher­mittwoch. Das taten auch Freunde des Paars: Sie gingen an diesem Abend ebenfalls zum Elternhaus des Mädchens, wo sie unter dem Fenster allerlei Liebeslieder sangen.